Dienstag, 26. April 2016

Vorläufiger taktischer Rückzug.


"Was zur Hölle soll DAS denn heißen?", mag sich der geneigte Leser gerade fragen. Und das zu Recht.

Nach meiner Notbremsung am Dienstag letzter Woche habe ich drei langweilige Nächte in einem sehr schönen Apartment in einer sehr öden Stadt verbracht. Der erste Morgen war dabei besonders lustig, weil ich mit meinem Sorgenkind "Fuß links" nur noch auf den Zehenspitzen gehen konnte. Die fette Wasserblase war über Nacht auf eine Mächtigkeit von ca. 3-4 cm inkl. Blasenpflaster angewachsen. Also saß ich da nun, im schönen Piła, und beschäftigte mich abwechselnd mit Fernsehen, Lesen im Park, Nachmittagsschläfchen und anderen zeittotschlagenden Aktivitäten. Außerdem durchkämmte ich die örtlichen Schuhhandelshäuser nach passenden Wanderstiefeln, leider ohne Erfolg.
So waren zwar die zwei Tage Rumbummeln in Piła zwar ganz entspannend, aber auch total unbefriedigend. 

Am Donnerstagabend dämmerte mir langsam, daß meine angepeilten 3 Tage Ruhepause nicht ausreichen würden, um mich wiederherzustellen. Also hätte ich meinen Aufenthalt in Piła noch weiter verlängern müssen, was eine nicht sehr attraktive Vorstellung war.

Wenn ich den Frust über die aktuelle Situation beiseite schiebe, mir die Vokabel "scheitern" verbiete und mich mal ganz objektiv frage, was jetzt als Nächstes wichtig ist, gibt es eigentlich nur 3 Punkte:
  1. Füße heilen lassen
  2. Neue Stiefel kaufen
  3. Weiterlaufen 
Meine Füße werden auch zuhause heilen (und ich muß dabei wenigstens nicht noch x Hotelübernachtungen in Piła bezahlen). Außerdem habe ich in Berlin die volle Auswahl an einschlägigen Fachgeschäften, in denen ich Wanderstiefel anprobieren kann, bis ich dumm und dusselig werde. 
 
Die vergangenen 2,5 Wochen habe ich immer wieder versucht zu ignorieren, daß mit der Kombination Füße/Stiefel irgendwas nicht stimmt und bin einfach weitergelaufen. Funktioniert hat das Verdrängen des Problems dabei überhaupt nicht. Im Gegenteil, es ist eigentlich immer schlimmer geworden. Jedesmal, wenn ich mich nach einem Pausentag wieder ein Stück besser gefühlt habe, hat genau 1 Tagesetappe ausgereicht, um die Lieblingsstellen an meinen Füßen wieder in heißes Fleisch zu verwandeln. 
 
Also den Stolz beseite geschoben und in den sauren Apfel gebissen. Die polnische Staatsbahn PKP verkauft mit eine Fahrkarte für knapp 19 EUR bis nach "Berlin AB". Aufmarsch zum vorläufigen taktischen Rückzug nach Hause.

---------------------------
 
Als ich in meinem Bummelzug nach Kzyz Wielkopolski sitze, fühle ich mich im Wesentlichen ziemlich elend. Andererseits ist mir aber auch irgendwie klar, daß ich die richtige Entscheidung getroffen habe, auch wenn es sich in diesem Moment nicht danach anfühlt. 

Der Zug fährt ziemlich genau die Strecke entlang, die ich zu Fuß gekommen bin. An manchen Bahnübergängen weiß ich, daß ich genau hier vor einigen Tagen langegzuckelt bin. Und da hinten am Waldrand auch. Das Bähnchen bummelt von Milchkanne zu Milchkanne, zwischendurch sitze ich mit ca. 250 Schülern eine Stunde in einem Mini-Schienenbus zwischen Gorzów Wielkopolski und Kostrzyn fest, verpasse meinen Anschlußzug und komme nach 6h Reise (für ca. 270km) endlich da an, wo Berlin den Reisenden am schönsten empfängt. Am Bahnhof Lichtenberg. Pan Lombragschinski holt mich vom Bahnhof ab, wir fahren nach Pankow und essen ein Berliner Tellergericht, garniert mit vielen Frust-Bieren.

Aber immerhin: Urlaub vom Urlaub ist auch Urlaub.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen