Barczewo nach Rukławki
6 h / 26 km
Huch! Draußen scheint zum ersten Mal seit Tagen wieder die Sonne. Die Straßen sind trocken, wir sind rechtzeitig aus dem Haus gekommen, um noch eine zeitige Marschrutka nach Barczewo zu erwischen und stehen vor besagtem McDonalds in einer Menschentraube, die auf Busse wartet. Städtische Nahverkehrsbusse gibt es genug, aber unser Bus ist irgendwie nicht dabei. Ich frage eine Frau nach der Haltstelle der Marschrutkas nach Barczewo (auf rumpel-polnisch...), sie weiß es auch nicht genau, gibt uns aber den Tip, mal um die Ecke zu schauen. Und tatsächlich steht da ein weißer Sprinter mit entsprechendem Schild hinter der Windschutzscheibe, wir werfen unsere Rucksäcke in den Kofferraum, bezahlen pro Nase 3 PLN incl. Gepäckzuschlag und sind schon auf dem Weg.
Nach kurzem Navigieren durch Barczewo und seine Schnellstraßenausfahrten landen wir endlich im Wald und machen sofort beim ersten Wegkreuz erstmal Pause, vor allem, weil es eine Bank zum Sitzen gibt. Auch wenn der Tag noch nicht wieder richtig warm ist, kann ich kaum glauben, daß uns tatsächlich gerade die Sonne ins Gesicht scheint...
Bis zum frühen Nachmittag wandern wir auf breiten Forstwegen durch den Wald oder sitzen auf Holzstapeln herum und machen ein entspanntes Päuschen. Einmal kreuzt unser Weg eine kleine Straße, an einem Baum prangt ein Hinweisschild auf einen Gasthof unten am See. Nina hat zum Frühstück keinen ordentlichen Kaffee bekommen, ich hätte Lust auf insgesamt mehr Bummelanteil, also machen wir einen kleinen Schlenker und steuern die Gościniec pod Dębem an.
Der Gasthof ist schnell gefunden, allerdings sind Tür und Tor verrammelt. Während wir noch ein bißchen enttäuscht und unentschlossen auf der Straße herumstehen, erscheint ein Mann und nach ein paar Worten öffnet sich des Hoftor und wir setzen uns unter das wärmende Plastikdach und trinken Kaffee und Tee. Es gibt eine verschmuste Katze, einen schön gemachten Innenhof und die Wirtin hätte uns wohl gerne am Ende noch zwei Zimmer für die Nacht vermietet, aber wir haben ja leider schon was auf der anderen Seite des Sees gebucht.
Wenn wir jetzt ein Boot hätten, wäre es quasi ein Katzensprung über den See bis zu unserem Pensjonat, aber als Wanderer müssen wir eben einmal um den See herumlaufen. Nach ein paar Kilometern machen wir eine Abkürzung über das Gelände einer verfallenen LPG und haben nach dem letzten Haus den Feldweg für uns ganz alleine, bis auf ein paar kurze Besuche von Herrn Storch und Frau Hase.
In Najdymowo hat die ältere Dorfjugend (sprich: mit Motorrad- oder Mofa-Lizenz) an der Grillhütte Quartier bezogen und bespricht in der Sonne des späten Nachmittags die Neuigkeiten des Tages. Ihre Nachwuchsorganisation, die jüngere Dorfjugend (sprich: maximal mit Fahrrad) sitzt 200 m weiter auf dem Spielplatz und berät über die besten Strategien zum Erwerb des Mofa-Fühererscheins.
Die letzten Kilometer sind dank rollender Hügel und schickem Nachmittagslicht optisch super, aber auch echt hart. Nina tun die Füße weh, mir das rechte Knie. Aber die Sonne scheint immer noch brav, unser Pensjonat liegt malerisch am See, und weil sich spontan niemand sehen läßt, um uns mit Zimmerschlüsseln zu versorgen, setzen wir uns auf die Terrasse in die Sonne und ziehen erstmal die Wanderstiefel aus.
Später vollziehen wir parallel die klassische Ankunfts-Choreographie aus Duschen / aufs Bett legen / eine halbe Stunde dumm gucken (wahlweise eine Runde dösen). Unten im Restaurant ist es kalt, also wählen wir den einzigen Tisch in der Abendsonne, auch wenn wir dadurch zwangsläufig dem deutsch/österreichischen Ingenieurkonsortium zuhören müssen, das mit polnischen Übersetzern über irgendwelche Pflanzenkläranlagen diskutiert.
Draußen wird es langsam spät, das lichte Blau des Tages wird allmählich zum dunklen Blau des Abends. Nach einem sehr ordentlichen Abendessen wanken wir beide in unsere Betten. Morgen geht's weiter durch die Landschaft.
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